Gedanken und Seins-Zustand stehen in engem Zusammenhang: Gedanken lösen Gefühle aus, es werden im Gehirn Neurotransmitter als Botenstoffe freigesetzt, die uns wiederum fühlen lassen, was wir denken:
- Negative Gedanken lassen uns Negatives fühlen: flaues Gefühl im Bauch, Angst, Trauer, etc.
- Positive Gedanken lassen uns Positives fühlen: Freude, Leichtigkeit, Offenheit.
Immer wenn negative Gedanken, z.B. Grübeleien über uns kommen, werden Erinnerungen wach, unser Ich will uns vor etwas beschützen und warnen. Wir alle kennen diese Grübeleien und negativen Gedanken und deuten diese als Warn- und Schutzfunktionen. Dieses Grübeln kann sehr stark werden, überhand nehmen und unser gesamtes Dasein beeinträchtigen. Wir kommen aus dem Grübeln nicht mehr heraus.
Zur Bedeutung des Egos
Werden wir uns dessen bewusst, deuten wir diese innere Energie als unser Ich, unser Selbst. Es wird auch Ego genannt. Das Ego ist verstandesgesteuert und es schöpft sein Wissen aus der Erfahrung, also aus der Vergangenheit. Es will uns vor möglichem Schaden bewahren, indem es Denkmuster assoziiert, die in der Lösung von Problemen erfolgreich waren. Diese Denkmuster, die in der Vergangenheit erfolgreich waren, beeinflussen nun neuerlich unser Denken.
Wir kreisen mental immer wieder um die gleichen Gedanken, wir grübeln. Das Grübeln allein löst noch keine Probleme, wie jeder von uns aus eigener Erfahrung weiß. Erst mit unserem verstandesgesteuerten Ego können Gedanken in eine Tat umgesetzt werden, die wiederum eine Problemänderung oder -lösung bringen kann. Das Ego löst Probleme dadurch, dass es sich verstandesgemäß auf Erfahrungen aus der Vergangenheit stützt. Das Ego geht -rational begründbar- davon aus, dass diese erfahrungsgestützte Steuerung von Lösungen auch für gegenwärtige und zukünftige Probleme ebenso einsetzbar ist.
Unser Ego besitzt daher für die meisten Menschen so etwas wie eine universelle Vorhersagekraft.
Das Ego hat seine Bedeutung im Rationalen, Verstandesgemäßen. Es ist vergangenheitsbasiert, hat aus der Erfahrung gelernt und wird sich immer an gemachten Erfahrungen orientieren. Emotionale Anteile – so zum Beispiel das sogenannte Bauchgefühl – sollen bei neu zu treffenden Entscheidungen weitgehend unberücksichtigt bleiben.
Ego in der Gesellschaft
Das Ego hat mit seiner Verstandesorientierung in unserer Gesellschaft eindeutig Vorrang. Emotionale Faktoren treten bewusst nicht hervor und bleiben als „flaues Gefühl“ im Hintergrund, ihre Herkunft im Unbewussten. Gleichwohl sind an Lösungen auch immer Emotionen beteiligt, allerdings stehen die rationalen, verstandesgemäßen Anteile im Vordergrund.
Werden wir uns dessen bewusst, ist eine Alleingültigkeit des Egos in Frage zu stellen. Folglich muss auch die Frage gestellt werden, inwieweit das Ego allein überhaupt noch ein guter Prädiktor ist (s. hierzu auch: Prognose).
Unterbewusstsein und Ego beeinflussen Gedanken und Seins-Zustand
Das Unterbewusstsein arbeitet anders als das verstandesgesteuerte Ego. Es existiert im Hier und Jetzt, wird aber vom Verstand kontrolliert und unterdrückt. Es kann seine Wirkung optimal nur dann entfalten, wenn die Kontrolle durch den Verstand nachlässt.
Aber wann ist dies der Fall, wann kontrolliert der Verstand das Bewusstsein weniger oder gar nicht? Das ist zum Beispiel im Schlaf, in bestimmten Rauschzuständen oder in der Meditation der Fall. In diesen Bewusstseinszuständen tritt der Verstand in den Hintergrund, das Unterbewusstsein bleibt insbesondere im Schlaf und in der Meditation aktiv. Der Verstand ist im Schlaf erheblich reduziert oder ganz ausgeschaltet, er ruht. Er kann dann das Unterbewusstsein nicht mehr kontrollieren und dieses kann sich entfalten. Wir beginnen zu träumen. Damit tritt das Unterbewusstsein stärker hervor und wir können phantastische Dinge erleben.
Unterbewusstsein
Wir alle haben schon erlebt, dass in Träumen so gut wie alles möglich ist: wir können fliegen, schweben, und Dinge tun, die im Wachzustand schlicht nicht vorstellbar sind. Das Unterbewusstsein kennt keine Grenzen in Bezug auf Zeit und Raum, und ist auch nicht an irgendeine Realität gebunden. Träume finden im Hier und Jetzt statt. Der Verstand hat keine Kontrolle mehr, alles wird möglich, Zeit spielt keine Rolle, Vergangenheit und Zukunft gibt es nicht.
Allerdings haben wir meist auch keine oder nur eine geringe Erinnerung an unsere Träume, denn wenn der Verstand ausgeschaltet ist, funktioniert auch das Gedächtnis nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt.
Tauchen wir in unser Unterbewusstsein ein, erhalten wir Einblick in völlig neue Welten. Das Ego mit seiner verstandesdominierten Bewusstheit verliert, das emotional geprägte Unterbewusstsein gewinnt an Bedeutung. Kurz: Verstand (Ego) verliert an Dominanz und emotionale Bewusstheit aus dem Unterbewusstsein nimmt zu.
Gedanken können sich so mit dem Fühlen verbinden, es entsteht ein Zugang zum Bereich des Unbewussten, Gedanken und Seins-Zustand sind immer miteinander verbunden.
Damit werden wir nicht mehr nur durch den Verstand gesteuert, vielmehr kommt es durch Aufnahme von Unbewusstem zu einer deutlichen Erweiterung des Bewusstseins. Immer wenn wir auch das fühlen, was wir denken, wird dieses Fühlen durch vermehrte Ausschüttung von Botenstoffen verstärkt. Gefühle werden verstärkt und über diesen Regelkreis werden Gedanken bedeutsamer und verstärken sich. Damit signalisieren unsere Gefühle, dass wir diese Gedanken annehmen. Dies gilt gleichermaßen für positive wie für negative Gedanken. Es führt zu einem Zustand, den wir gern als „Seins-Zustand“ bezeichnen. Gefühle beeinflussen das Denken, unser Denken beeinflusst unsere Gefühle. Gedanken und Seins-Zustand stehen damit immer in einem engen Zusammenhang.
Wie oben bereits beschrieben, hindert der Verstand aber häufig unsere „Bauch-Gefühle“ aus dem Unterbewusstsein. Er stülpt ihnen eine verstandesgesteuerte Vernunft über.
Emotional gestützte Entscheidungsfindung
Unsere Möglichkeiten einer mehr emotional gestützten Entscheidungsfindung werden dadurch eingegrenzt. Innerlich können wir damit auch nicht größer werden, nicht „über uns hinauswachsen“. Unser Verstand verhindert das, wir bleiben vernünftig oder auch verstandesgesteuert. Unsere Gefühle werden begrenzt, sie sind an unsere verstandesgemäßen Erfahrungen gekoppelt und können sich nicht frei und beliebig entfalten.
Erst wenn wir lernen, über unser Denken, über unseren Verstand hinauszugehen, können wir unser Sein erweitern. Es ist nicht ganz einfach, dem Verstand als Beherrscher unseres Seins seine umfassende Dominanz zu nehmen, ihn zu begrenzen oder gar auszuschalten. Grundsätzlich ist dies aber möglich, wie oben beschrieben zum Beispiel im Schlaf. Auch im wachen Zustand kann man dies erreichen mit Meditationsübungen, bei Phantasiereisen und Entspannungstechniken wie dem Autogenen Training oder auch bei Qigong-Übungen.
Grübeln, ebenfalls eine Form unseres verstandesgeprägten Denkens, kann gestoppt werden durch gezieltes Fragen nach dem Woher, dem Wohin und dem Wesen von Gedanken. Früher wurde dies auch oft verhaltenstherapeutisch als Gedankenstopp-Technik eingesetzt.
Gedanken und Seins-Zustand als Kind
Bitte, erinnern Sie sich: als Kinder waren wir viel weniger verstandesgesteuert. Uns fehlten viele Erfahrungen, die wir erst im späteren Leben machen konnten. Erfahrungen fehlten und unser Sein wurde durch den Verstand wenig dominiert. Vielmehr prägten Neugier, Entdeckungsfreude, Erleben und Schaffen neuer Dinge unser Leben als Kind. Und immer mit der Möglichkeit des Scheiterns aber auch immer mit der Chance eines Neubeginns und des erneuten Probierens.
Alles war möglich, alles war in uns drin, unsere schier unendliche Phantasiewelt, mit Lachen und Weinen, in einer ganz weiten emotionalen Bandbreite.
Mit zunehmendem Alter nimmt unsere Erfahrung zu, es entwickelt sich die Vergangenheit. Die Vernunft gewinnt an Bedeutung und das Ego übernimmt zunehmend die Herrschaft über das Sein. Die emotionale Bandbreite ist vom Verstand eingeschränkt worden, der Verstand, das Ego wird immer mächtiger und lässt Unbewusstes immer weniger zu. Damit herrscht das Ego über unsere Gefühle und bestimmt unseren „Seins-Zustand“.
Zwischen Ego und Unterbewusstsein bestehen erhebliche Gegensätze. Das Unterbewusstsein wird unterdrückt und kann sich nur schwer äußern. Wird der Unterschied zwischen der rationalen Welt des Egos und unseren durch das Unterbewusstsein gesteuerten Emotionen zu groß, entstehen Spannungen. Mit dem Wachsen dieser Spannungen suchen diese einen Ausgleich. Dieser kann herbeigeführt werden durch stärkere Berücksichtigung emotionaler Anteile. Emotionale Anteile finden mehr Bedeutung in einer Bewusstseinserweiterung durch Meditation oder durch psychotherapeutische Maßnahmen.
Ausgleich vs. Störungen
Findet dieser Ausgleich nicht statt, kann sich das Unterbewusstsein in psychischen oder auch körperlichen Störungen Ausdruck verleihen. Das können einerseits Depressionen, Angststörungen und vielfältige weitere Störungen sein. Körperliche Störungen auf dieser Basis werden psychosomatisch genannt. Diese Störungen können latent aber auch sehr heftig sein. Um diesen Ausgleich herbeizuführen und unser Erwachsenen-Bewusstsein zu erweitern und zu stärken ist es erforderlich, nicht nur verstandesgemäß zu agieren sondern unserem Unterbewusstsein, unserem Bauchgefühl mehr Raum zu geben.
Auch sollte man sich weder von seinem Verstand noch von außen ständig gängeln lassen. Weder dem eigenen Verstand noch Außenstehenden ist die Rolle einer höchsten Instanz zuzubilligen. Es ist wichtig, dies zu lernen mehr auf sein Inneres zu hören.
Auf sein Inneres hören
Daher möchte ich einige Ratschläge mit auf den Weg des Lebens geben:
Schau in Dich hinein! Und lass Dir von Niemandem etwas einreden, z.B. dass Du etwas nicht kannst. Auch nicht von höchsten Autoritäten. Wenn Du etwas willst, tue es. Basta. Höre auf Deinen Bauch (Dein Unterbewusstsein). Nicht (nur) auf Deinen Verstand. Stell diesen zur Ruhe (wie im Traum), denn seine Stärke liegt in der Erfahrung, in der Vergangenheit. Nicht in der Intuition, nicht im Neuen nicht im Schöpferischen, im Kreativen. Dagegen ist unser Herz, unser Unterbewusstsein, immer im Jetzt. Und nur im Jetzt kannst Du Lösungen finden.
Der Verstand bezieht sich auf Erfahrungen aus der Vergangenheit. Er befindet sich damit in einer nicht-mehr-existierenden (realen) Welt. Er bezieht sich auch auf eine Projektion in die Zukunft, in eine (noch) nicht existierende Welt (Ahnungen, Vorahnungen), und damit auf ein „es könnte (aufgrund gemachter Erfahrungen) so sein oder so werden“. Mit diesen Bezügen auf Vergangenheit und Zukunft arbeitet Ihr Verstand negativ-spekulativ. Er gaukelt gerne schlimmstmögliche Situationen vor und lebt damit im Vagen und in einer Phantasiewelt.

Das reale Leben findet aber im Jetzt statt. Es findet nur hier statt. Und das Jetzt fühlst Du in Dir, im Bauch, im Bewusstsein! Allerdings muss Dein Verstand dies zulassen, er darf Dich nicht dominieren und muss Unterbewusstes zulassen.
Zusammenfassung
Fasst man das oben Gesagte zusammen, steht man vor einer paradoxen Situation: Das verstandesgesteuerte Ego bezieht sich auf Vergangenes und Zukünftiges. Es agiert damit nicht in der Gegenwart, sondern schöpft Wesentliches aus dem Spekulativen einer Phantasiewelt, wie in einem Film. Das Unterbewusstsein, uns bekannt durch Träume und phantastische Möglichkeiten, kennt weder Vergangenheit noch Zukunft. Es befindet sich im Hier und Jetzt und bezieht sich damit auf die Ist-Zeit, die Gegenwart.
Beide Bereiche, also Verstand und Unterbewusstsein spielen eine wichtige Rolle für unser „Seins-Gefühl“ und damit für Wohlergehen und psychische Gesundheit. In unserer Gesellschaft besitzen verstandesgemäße Aspekte eine weitaus höhere Akzeptanz und Bedeutung als unsere Emotionen. Es ist daher erforderlich, hier einen vernünftigen Ausgleich herbeizuführen. Wir sollten unseren emotionalen Seiten, die überwiegend dem Unterbewusstsein entstammen, zukünftig mehr Raum in unserer Gedanken- und Gefühlswelt bieten. Und damit mehr in der Gegenwart leben und weniger durch Grübeleien wie in einem Film leben.
Edewecht im Mai 2014, überarbeitet August 2022